Eigenständig erkennbare und zugeschrieben erkennbare Objekte

Einleitung 

Um Befreiung oder Erleuchtung zu erlangen, ist die nichtkonzeptuelle Wahrnehmung erforderlich, dass Personen, wie „ich“, keine unmögliche Seele (tib. gang-zag-gi bdag-med, Selbstlosigkeit bzw. Identitätslosigkeit von Personen) haben. In der Gelug-Darstellung wird laut allen anderen indisch-buddhistischen Lehrsystemen, außer dem des Vaibhashika, behauptet, dass eine der spezifischen unmöglichen Seelen von Personen jene ist, die eine eigenständig erkennbare substantielle Existenz hat. Das Vaibhashika-System vertritt die Meinung, Personen hätten eine eigenständig erkennbare substantielle Existenz.  

In den Lehrsystemen des Sautrantika, Chittamatra und Svatantrika sieht man das Nichtvorhandensein oder die Abwesenheit solch einer unmöglichen Seele als das Nichtvorhandensein einer subtilen unmöglichen Seele von Personen (tib. gang-zag-gi bdag-med phra-mo, subtile Selbstlosigkeit von Personen), während man es im Prasangika als das Nichtvorhandensein einer groben unmöglichen Seele von Personen (tib. gang-zag-gi bdag-med rags-pa, grobe Selbstlosigkeit von Personen) betrachtet.

Gültige Wahrnehmung (tib. tshad-ma) dieser Selbstlosigkeit erfordert korrekte und entschiedene Identifizierung des gültig erkennbaren „Ichs“ (tib. nga-tsam) – sowie, es von der unmöglichen Seele einer Person auseinanderzuhalten. Hier ist das, was diese zwei auseinanderhält, die Weise, in der das gültig erkennbare „Ich“ gültig erkannt werden könnte. Was die Variablen betrifft, geht es nicht ausdrücklich darum, ob die gültige Wahrnehmung konzeptuell oder nichtkonzeptuell ist, sondern ob das gültig erkennbare „Ich“ eine eigenständig erkennbare substantielle Existenz oder eine zugeschrieben erkennbare Existenz (tib. btags-yod, Skt. prajnaptisat; zugeschriebene Existenz) hat. Alle indisch-buddhistischen Lehrsysteme, die nicht zur Prasangika-Schule gehören, behaupten, dass gültig erkennbare Phänomene entweder das Eine oder das Andere sein müssen. Im Prasangika-System geht man davon aus, dass alle gültig erkennbaren Phänomene eine zugeschrieben erkennbare Existenz haben und nichts eine eigenständig erkennbare Existenz hat.

Eigenständig erkennbare substantiell existierende Phänomene 

Im Allgemeinen gibt es vier Arten des Vertretens von substantieller Existenz (tib. rdzas-yod; Skt. dravyasat) – wörtlich: Existenz als eine substantielle Entität (tib. rdzas, Skt. dravya):  

  • Substantielle Existenz im Sinne von beständig und unveränderlich (tib. brten-pa mi-’gyur ba’i rdzas-yod). Das umfasst ausschließlich statische (tib. rtag-pa, beständige), nichtbeeinflusste (tib. ‘dus ma-byas, nichtbedingte) Phänomene. 
  • Substantielle Existenz im Sinne der Fähigkeit, eine Funktion auszuüben (tib. don-byed-nus-pa’i rdzas-yod). Das umfasst ausschließlich nichtstatische (tib. mi-rtag-pa, unbeständige), beeinflusste (tib. ‘dus-byas, bedingte) Phänomene. 
  • Substantielle Existenz im Sinne des logischen Begründens (tib. rigs-pas grub-pa’i rdzas-yod). Das umfasst alle existierenden Phänomene. Man nennt dies auch substantielle Existenz, die durch den Fokus gültiger Wahrnehmung begründet wird (tib. tshad-ma’i dmigs-pa’i rdzas-yod). 
  • Substantielle Existenz im Sinne dessen, eigenständig erkennbar zu sein (tib. rang-rkya thub-pa’i rdzas-yod). Das umfasst ausschließlich Formen physischer Phänomene (tib. gzugs) und Weisen, sich etwas gewahr zu sein (tib. shes-pa). 

Alle buddhistischen Lehrsysteme sind sich darin einig, dass nur eigenständige substantielle Existenz auch begriffsbestimmende substantielle Existenz (tib. rdzas-yod mtshan-nyid-pa) ist.

Ein eigenständig erkennbares substantiell existierendes Phänomen – wörtlich ein Phänomen mit der Existenz einer substantiellen Entität, die eigenständig erkennbar ist – wird definiert als „ein gültig erkennbares Phänomen, dass sich, wenn es tatsächlich wahrgenommen wurde (tib. dngos-bzung), nicht auf die tatsächliche Wahrnehmung von etwas anderem stützt“. Als substantielle Entität und von seiner eigenen Seite aus begründet, ist es in der Lage für sich selbst erkannt zu werden.

  • „Tatsächliche Wahrnehmung“ bezieht sich auf manifeste (tib. mngon-gyur) Wahrnehmung, entweder mit explizitem Begreifen (tib. dngos-su rtogs-pa) oder implizitem Begreifen (tib. shugs-la rtogs-pa). 
  • In der manifesten Wahrnehmung eines kognitiven Objektes bringt das Bewusstsein der manifesten Wahrnehmung ein geistiges Erscheinungsbild (tib. rnam-pa, geistiges Hologramm) hervor, dass das explizit begriffene Objekt darstellt. Das kognitive Objekt erscheint durch dieses Erscheinungsbild sowohl der Person als auch dem Bewusstsein der manifesten Wahrnehmung. Sowohl die Person als auch das manifeste Bewusstsein nehmen das Objekt wahr. Wird das explizite Begreifen in einer manifesten Wahrnehmung von implizitem Begreifen begleitet, erscheint kein geistiges Hologramm des implizit begriffenen Objektes, aber das implizit begriffene Objekt wird trotz allem sowohl von der Person wie auch von dem manifesten Bewusstsein wahrgenommen. 
  • Ein Objekt zu „begreifen“ heißt, es korrekt und entschieden als „dieses“ und nicht „jenes“ zu bestimmen (tib. nges-pa). 
  • Die „tatsächliche Wahrnehmung von etwas anderem“ bezieht sich auf die tatsächliche Wahrnehmung der Grundlage für die Zuschreibung (tib. gdags-gzhi, Grundlage für die Bezeichnung) des Phänomens, unmittelbar vor dessen gültiger Wahrnehmung. 

Um es abzukürzen, werden wir die „eigenständig erkennbare substantielle Existenz“ als „eigenständig erkennbare Existenz“ bezeichnen. 

Zugeschrieben erkennbare Phänomene 

Ein zugeschrieben existentes Phänomen wird als ein Phänomen definiert, das sich, wenn es tatsächlich wahrgenommen wird, nicht auf die eigentliche Wahrnehmung von etwas anderem – nämlich seiner Grundlage der Zuschreibung unmittelbar vor dessen eigentlicher Wahrnehmung – stützt. Um den Anweisungen meines Lehrers Tsenshap Serkong Rinpoche zu folgen und die Bedeutung aus den Worten zu „melken“, werden wir die Etymologie der Begriffe für „zugeschriebene Existenz“ im Sanskrit und im Tibetischen analysieren, um dessen Bedeutung klarzustellen.

  • Der ursprüngliche Sanskrit-Begriff prajnaptisat für die Art der Existenz solcher Phänomene wird wörtlich mit „Existenz als etwas, das dessen Wahrnehmung mit unterscheidendem Gewahrsein herbeiführt“ übersetzt. Prajna (tib. shes-rab) ist das unterscheidende Gewahrsein und prajnapti ist das kausative Partizip im Passiv der Verbform des Begriffs: „Unterscheidung herbeiführend“. Die grammatische Form des Wortes prajnapti ähnelt der des Wortes vijnaptirupa, welches in der Vaibhashika- und Prasangika-Darstellung von Karma erscheint. Dort wird es ins Tibetische entsprechend der grammatischen Form im Sanskrit als rnam-par rig-byed-kyi gzugs übersetzt. Im Deutschen ist die Übersetzung dann „offenbarende Form“ – eine Form, dessen Wahrnehmung das Erkennen seiner Motivation herbeiführt. So deutet der Sanskrit-Begriff prajnaptisat auf eine Existenz hin, dessen Offenbaren durch etwas anderes, nämlich tatsächliche Wahrnehmung seiner Grundlage für die Zuschreibung unmittelbar vor seiner eigentlichen Wahrnehmung, herbeigeführt wird. 
  • Die tibetischen Übersetzer haben sich entschieden, den Begriff mit btags-yod zu übersetzen. Btags ist die Vergangenheitsform des Verbs ‘dogs-pa, was soviel heißt, wie „an etwas anderes binden“. So deutet der Begriff btags-yod im Tibetischen eine Existenz an, die an etwas anderes gebunden ist – nämlich, wie im Sanskritwort prajnaptisat, an tatsächliche Wahrnehmung der Grundlage, an die sie im Moment unmittelbar vor ihrer eigentlichen Wahrnehmung gebunden ist. Im Deutschen wird der Begriff mit „zugeschriebener Existenz“ übersetzt.   

Um die Darlegung etwas klarer zu machen, werden wir „zugeschrieben existente Phänomene“ als „zugeschrieben erkennbare Phänomene“ übersetzen. In den Lehrsystemen des Sautrantika, Chittamatra und Svatantrika ist man sich darin einig, dass ausschließlich nichtstatische Abstraktionen (tib. ldan-min ‘du-byed, nichtkongruente beeinflussende Variablen, die weder Formen physischer Phänomene sind, noch Weisen, sich etwas gewahr zu sein) und statische Phänomene (statische Abstraktionen) die Gruppe zugeschrieben erkennbarer Phänomene ausmachen. Im Vaibhashika-System scheint man keine gültig erkennbaren Phänomene als zugeschrieben erkennbar zu vertreten, während man im Prasangika-System alle gültig erkennbaren Phänomene als zugeschrieben erkennbar betrachtet. 

  • Gemäß den Lehrsystemen des Sautrantika bezieht sich das tatsächliche Wahrnehmen zugeschrieben erkennbarer Phänomene darauf, deren Grundlagen für die Zuschreibung sowohl im unmittelbar vorangehenden Moment als auch gleichzeitig mit dem eigentlichen Wahrnehmen des Phänomens tatsächlich wahrzunehmen. 
  • Nach Ansicht der Mahayana-Lehrsysteme, trifft das oben Genannte auf alle zugeschrieben erkennbaren Phänomene außer den diversen Arten des Nichtvorhandenseins einer unmöglichen Seele (tib. bdag-med; Selbstlosigkeit), Leerheit (tib. stong-nyid; Leere), und wahre Beendigungen (tib. ‘gog-bden; wahres Aufhören) zu. Die tatsächliche Wahrnehmung der Selbstlosigkeit, der Leerheit und der wahren Beendigungen bezieht sich darauf, tatsächlich deren Grundlagen für die Zuschreibung lediglich im unmittelbar vorangehenden Moment wahrzunehmen. Es ist nicht erforderlich, deren Grundlagen für die Zuschreibung gleichzeitig mit ihnen wahrzunehmen. 
  • Wegen diesem Unterschied nimmt man im Sautrantika-System, durch die nichtkonzeptuelle völlige Vertiefung in Bezug auf das Nichtvorhandensein der unmöglichen Seele einer Person, die Aggregate, das gültig erkennbare „Ich“ und dieses Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele, tatsächlich gleichzeitig wahr. Im Mahayana-System wird dann nur das Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele, oder die Leerheit, tatsächlich wahrgenommen. Die Aggregate, das gültig erkennbare „Ich“ und das Objekt der Widerlegung werden nur im unmittelbar vorangehenden Moment tatsächlich wahrgenommen. 

Die Unterscheidung von Asanga 

Laut Asangas „Anthologie spezieller Themen des Wissens“ (tib. Chos mngon-pa kun-las btus-pa, Skt. Abhidharmasamuccaya), dem in diesem Punkt nicht nur die Anhänger der Logik des Chittamatra- und des Svatantrika-Madhyamaka-Systems, sondern auch die des Sautrantika-Systems folgen, sind 29 der 51 Geistesfaktoren (tib. sems-byung) zugeschrieben erkennbar, während alle anderen eigenständig erkennbar sind.

Die 29 zugeschrieben erkennbaren Geistesfaktoren sind:

  • die zwanzig zweitrangigen störenden Emotionen (tib. nye-nyon nyi-shu
  • die fünf störenden Geisteshaltungen mit einer Auffassung (tib. nyon-mongs lta-ba-can, verblendete Auffassungen), welche die sechste der sechs wurzelgleichen störenden Emotionen und Geisteshaltungen (tib. rtsa-nyon drug) bilden, sowie 
  • die vier Arten des veränderlichen Nebengewahrseins (tib. gzhan-‘gyur bzhi). 

Die restlichen, eigenständig erkennbaren Geistesfaktoren sind:

  • die fünf Arten des immer arbeitenden Nebengewahrseins (tib. kun-’gro lnga), 
  • die fünf bestimmenden Faktoren (tib. yul-nges lnga), 
  • die elf konstruktiven Emotionen (tib. dge-ba bcu-gcig), und 
  • die fünf wurzelgleichen störenden Emotionen und Geisteshaltungen ohne eine Auffassung (tib. lta-min nyong-mongs

Der Begriff „zugeschrieben erkennbar“ wird in diesem Text als ein Phänomen definiert, das zu einem durch einen Sensor der Wahrnehmung (tib. dbang-po) erfahrenes Objekt werden kann, indem es sich auf einen verbalen Ausdruck (tib. brjod-byed-kyi sgra) oder etwas einer anderen Klasse (tib. rigs mi-mthun) stützt und von ihm begleitet wird. Ein eigenständig erkennbares Phänomen wird als etwas definiert, das zu einem durch einen Sensor der Wahrnehmung erfahrenes Objekt werden kann, ohne sich auf einen Ausdruck oder etwas einer anderen Klasse zu stützen.

Die zwanzig zweitrangigen störenden Emotionen und unter den vier veränderlichen Geistesfaktoren die folgenden zwei: Bedauern und Schlaf – jede dieser 22 gehört als ein Teil (tib. cha) zu einem oder mehreren der drei giftigen störenden Emotionen (tib. dug-gsum, drei Gifte): sehnsüchtiges Verlangen (tib. ‘dod-chags), Feindseligkeit (tib. zhe-sdang), oder Naivität (tib. gti-mug). Die drei giftigen störenden Emotionen befinden sich in einer anderen Kategorie des Nebengewahrseins als diese, nämlich in der Kategorie der wurzelgleichen störenden Emotionen und Geisteshaltungen. Tatsächliche Wahrnehmung mit jeder dieser zweiundzwanzig stützt sich auf die giftige störende Emotion, zu der sie als Teil dessen gehört, und wird von ihr begleitet. Tatsächliche Wahrnehmung, mit Eifersucht auf den Reichtum von jemandem, stützt sich auf die tatsächliche Wahrnehmung dieses Reichtums mit sehnsüchtigem Verlangen dessen, und wird von ihr begleitet.

In ähnlicher Weise sind, unter den vier veränderlichen Geistesfaktoren, das grobe Feststellen (tib. rtog-pa) und das subtile Unterscheidungsvermögen (tib. dpyod-pa) Arten des unterscheidenden Gewahrseins (tib. shes-rab), welches sich in einer anderen Kategorie von Geistesfaktoren als sie selbst befindet. Die fünf verblendeten Auffassungen sind Arten von störendem, verblendetem und unterscheidendem Gewahrsein (tib. shes-rab nyon-mongs-can).

Gungtang, dessen Kommentare zur Kunkyen-Lehrbuch-Tradition gehören, stellte klar, dass die 29 von Asanga als zugeschrieben erkennbar festgelegten Geistesfaktoren nur dem Namen nach zugeschrieben erkennbar sind. Es handelt sich bei ihnen nicht um begriffsbestimmende zugeschrieben erkennbare Phänomene (tib. btags-yod mtshan-nyid-pa). Alle Weisen, sich etwas gewahr zu sein, sind eigenständig erkennbar.

  • Im Kontext der Anhänger der Logik der Sautrantika-, Chittamatra und Yogachara-Svatantrika-Lehrsysteme, die alle reflexives Gewahrsein (tib. rang-rig) akzeptieren, ist der Grund der, dass alle Weisen sich etwas gewahr zu sein tatsächlich durch reflexives Gewahrsein wahrgenommen werden, ohne sich auf kognitives Gewahrsein zu stützen, durch das tatsächlich alles andere wahrgenommen wird. 
  • Im Kontext der Systeme des Sautrantika Svatantrika, sowie des Prasangika liegt der Grund darin, dass alle Weisen sich etwas gewahr zu sei, ihr eigenes Auftreten selbst festlegen (tib. shes-pa rang-nyid shes-pa rang-nyid-gyi grub-pa), ohne sich auf die tatsächliche Wahrnehmung dessen durch irgendetwas anderes zu stützen. 

Alle anderen Gelug-Lehrbuch-Traditionen stimmen hier Gungtangs Erklärung zu.

Die Chittamatra-Behauptung 

Kunkyen (tib. Kun-mkhyen ‘Jam-dbyangs bzhad-pa) behauptet, es gäbe im Chittamatra-System einen Unterschied zwischen eigenständig erkennbarer substantieller Existenz (tib. rang-rkya thub-pa’i rdzas-yod) und substantieller Existenz als etwas, das allein erkennbar ist (tib. rang-rkyang ‘dzin-pa’i rdzas-yod). Im ersten Fachbegriff bezieht sich rkya auf etwas, das eigenständig und nicht als Teil einer Abfolge begründet wird und so bedeutet rang-rkya thub-pa „sich selbst als ein Objekt tatsächlicher Wahrnehmung begründen zu können, ohne sich davor auf die tatsächliche Wahrnehmung von etwas anderem gestützt zu haben“. Im zweiten Fachbegriff bedeutet rkyang „allein“ und so heißt rang-rkyang ‘dzin-pa „allein erkennbar“, also ohne dass auch etwas anderes zur gleichen Zeit tatsächlich wahrgenommen wird. Was diese Unterscheidung betrifft, behauptet man im Kunkyen, nur beim Zweiten – der substantiellen Existenz als etwas, das allein erkennbar ist – es ginge um begriffsbestimmende substantielle und nicht um eigenständig erkennbare substantielle Existenz. Alle Formen physischer Phänomene und Arten des Erkennens sind begriffsbestimmende, substantiell existierende Phänomene – sie alle sind als Dinge substantiell existierend, die allein erkennbar sind.

Gungtang (tib. Gung-thang dKon-mchog bstan-pa’i sgron-me) brachte zu den Ausführungen von Kunkyen, seinem Lehrer, nähere Erläuterungen an. Er erklärte, dass Kunkyen die eigenständig erkennbare substantielle Existenz als begriffsbestimmende substantielle Existenz ablehnte, weil er meinte, solch eine Existenz würde nur auf Phänomene zutreffen, die nicht gültig erkennbar waren. „Eigenständig erkennbare substantielle Existenz“ trifft nur für die subtile unmögliche Seele einer Person (einer eigenständig erkennbaren, substantiell existierenden Person) zu, aber solch eine Person gibt es ganz einfach nicht. Der gleiche Begriff kann nicht sowohl für nichtexistierende Phänomene (Phänomene, die nicht gültig erkannt werden können) als auch für existierende Phänomene (Phänomene, die gültig erkannt werden können) benutzt werden. Begriffsbestimmende, substantiell existierende Phänomene dürfen nur gültig erkennbare Phänomene umfassen. Daher können eigenständig erkennbare, substantielle Phänomene nicht als begriffsbestimmend betrachtet werden.

Keine der anderen Gelug-Lehrbuch-Traditionen stimmt dieser einschränkenden Benutzung dieser Begriffe zu. Für sie kann der Begriff „eigenständig erkennbare substantielle Existenz“ sowohl für (1) nicht existierende zu negierende Phänomene (tib. shes-bya-la mi-srid-pa’i dgag-bya), wie die subtile unmögliche Seele von Personen, als auch für (2) die zwei Klassen gültig erkennbarer Phänomene: Formen physischer Phänomene und Arten des Erkennens von etwas, angewandt werden.

Im Allgemeinen werden zugeschrieben erkennbare Phänomene im Chittamatra-System genauso definiert, wie in jenen des Vaibhashika und Sautrantika. Eigenständig erkennbare Phänomene werden jedoch entsprechend der Bedeutung von „substantieller Existenz als etwas, das allein erkennbar ist“ anders definiert, und zwar als Phänomene, die in der Lage sind, hier zu bestehen (tib. tshur-thub gyi dngos-po), Phänomene, dessen Existenz als etwas festgelegt wurde, hier zu bestehen (tib. tshur-thub grub-pa’i dngos-po), oder Phänomene, die in der Lage sind, standfest zu sein (tib. tshugs-thub-gyi dngos-po). Diese drei Begriffe sind synonym.

Durch diese Veränderung in der Definition vertritt man im Chittamatra-System das Begreifen des Nichtvorhandenseins einer unmöglichen Seele durch die nichtkonzeptuelle völlige Vertiefung (tib. mnyam-bzhag, meditative Ausgewogenheit) eines Aryas, ohne das gleichzeitige Begreifen von dessen Grundlage für die Zuschreibung, auf die sich das Nichtvorhandensein stützt. Im Chittamatra ist man dieser Meinung, ohne daraufhin absurderweise zu schlussfolgern, das Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele wäre eigenständig erkennbar. Um beispielsweise das Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele einer Person nichtkonzeptuell zu begreifen, muss man zunächst die Aggregate erfassen, auf die sich die Zuschreibung einer unmöglichen Seele einer Person stützt, und dann sowohl die Aggregate als auch das Erscheinen einer unmöglichen Seele. Daraufhin untersucht man dann genauestens die Existenzweise der unmöglichen Seele. Ist man zu der entschiedenen Feststellung gelangt, dass es so etwas wie eine unmögliche Seele nicht gibt, begreift man explizit nur das Nichtvorhandensein dieser unmöglichen Seele und nicht die Aggregate, denen sie zugeschrieben ist, während man gleichzeitig die Zuschreibung dieser unmöglichen Seele verwirft.

So ist das Nichtvorhandensein der unmöglichen Seele einer Person zugeschrieben erkennbar, weil sich die tatsächliche Wahrnehmung dessen auf etwas anderes stützt. Um eigenständig erkennbar zu sein, muss ein tatsächlich wahrgenommenes Objekt lediglich allein erkennbar sein und daher bedeutet „allein erkennbar“, ohne sich auf unmittelbar vorangehende und gleichzeitige Wahrnehmung von etwas anderem zu stützen. Auf diese Weise schließt die Definition nicht aus, erkennbar zu sein, während man sich auf die unmittelbar vorangehende Wahrnehmung von etwas anderem stützt, jedoch ohne sich auf die gleichzeitige Wahrnehmung von etwas anderem zu stützen. Das Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele kann tatsächlich wahrgenommen werden, ohne gleichzeitig etwas anderes wahrzunehmen, aber es kann nicht tatsächlich wahrgenommen werden, ohne unmittelbar vorher etwas anderes wahrzunehmen. Daher ist das Nichtvorhandensein einer unmöglichen Seele zugeschrieben erkennbar. Im Madhyamaka stimmt man dieser Chittamatra-Unterscheidung zu.

Obwohl Formen physischer Phänomene als etwas Ganzes ihren physischen Teilen und Weisen, sich etwas gewahr zu sein, ihren zeitlichen Bestandteilen zugeschrieben werden können, muss man im Gegensatz dazu nicht zuerst die Teile, und dann, indem man sich auf dieses Begreifen stützt, das Ganze begreifen können. Vielmehr begreift man die Teile und das Ganze in einem Schritt, also gleichzeitig. Und obwohl sich die tatsächliche Wahrnehmung eines Ganzen auf die gleichzeitige tatsächliche Wahrnehmung der Teile dieses Ganzen stützen muss, macht dies ein Ganzes nicht zu einem zugeschrieben erkennbaren Phänomen in den Systemen, die nicht zur Prasangika-Schule gehören.

Gemäß der Gelug-Interpretation, die nicht zum Prasangika gehört, bei der es um alle Formen physischer Phänomene geht, die Teile haben, sowie um alle Arten des Erkennens mit zeitlichen Bestandteile, sind sowohl das Ganze als auch seine Teile eigenständig erkennbar. Das liegt daran, dass ein ganzes physisches Phänomen mit Teilen trotz allem die Form eines physischen Phänomens ist und eine ganze Art des Erkennens mit zeitlichen Bestandteilen trotz allem eine Art, etwas zu erkennen. Alle Formen physischer Phänomene und alle Arten etwas zu erkennen sind eigenständig erkennbar.

Die besondere Sautrantika Svatantrika-Behauptung 

Auch wenn man im Sautrantika Svatantrika der üblichen Unterscheidung zwischen eigenständig erkennbaren und zugeschrieben erkennbaren Phänomenen zustimmt, die für all die anderen indisch-buddhistischen Lehrsysteme gemeinsam gilt, gibt es hier eine eigene ungewöhnliche Behauptung in Bezug auf die substantielle Existenz des Ganzen und seiner Teile. Sie basiert auf einer Unterscheidung, die im Sautrantika Svatantrika zwischen zwei Arten von Formen physischer Phänomene gemacht wird.

Zusammengesetzte Formen (tib. bsags-pa’i gzugs) – wörtlich „angehäufte Formen“ – sind jene, dessen einzelne Partikel und/oder Teile miteinander verbunden sind, wie die Glieder und der Rumpf eines menschlichen Körpers oder die Teile einer Vase, um eine Gesamtheit (tib. gong-bu) zu bilden. Solche Formen physischer Phänomene haben eine zusammengesetzte substantielle Existenz (tib. bsags-pa’i rdzas-yod). 

Gruppierungen (tib. bsdu-pa’i gzugs) sind jene, dessen einzelne Teile nicht miteinander verbunden sind, wie ein Wald, der aus einer Gruppe oder Anhäufung von Bäumen besteht. Sie haben eine gruppierte substantielle Existenz (tib. bsdu-pa’i rdzas-yod). 

Zusammengesetzte Formen sind eigenständig erkennbare Ganze, da sich dessen tatsächliche Wahrnehmung nicht auf eine tatsächliche Wahrnehmung der Teile stützt, dessen Zuschreibungen sie vorher sind, die jedoch die gleichzeitige Wahrnehmung von zumindest einigen ihrer Teile erfordern. Obwohl Gruppierungen eine substantiell begründete Existenz haben, sind sie zugeschrieben erkennbare Ganze. Ihre tatsächliche Wahrnehmung erfordert die tatsächliche Wahrnehmung einiger ihrer Teile unmittelbar vor ihrer Wahrnehmung zusammen mit diesen Teilen.

Die besondere Prasangika-Behauptung 

Im Prasangika-System stimmt man dem üblichen Unterteilungsschema zwischen eigenständig erkennbaren und zugeschrieben erkennbaren Phänomenen zu, jedoch betrachtet man hier die zugeschrieben erkennbare Existenz in diesem gemeinsamen Sinne als grobe zugeschrieben erkennbare Existenz. Laut den Prasangika-Behauptungen hat kein gültig erkennbares Phänomen eine eigenständig erkennbare substantielle Existenz. Das ist so, weil im Prasangika die Ansicht vertreten wird, dass substantiell begründete Existenz (tib. rdzas-su grub-pa) unmöglich ist und ein eigenständig erkennbares Phänomen, wie bereits erwähnt, ein Phänomen ist, das substantiell als etwas eigenständig Erkennbares existiert.

  • Die Existenz von etwas ist substantiell begründet, wenn es die Fähigkeit hat, eine Funktion auszuüben (tib. don-byed nus-pa). Diese Fähigkeit entsteht durch ein Phänomen, das eine substantielle Entität (tib. rdzas) ist. Diese Definition wird auf der Basis der Behauptung gemacht, dass die Existenz aller gültig erkennbaren Phänomene durch deren Selbstnatur begründet ist (tib. rang-bzhin-gyis grub-pa, substantiell begründete Existenz, inhärente Existenz), und zwar als auffindbare „Bezugs-Dinger“ (tib. btags-don), die deren Namen und Konzepten entsprechen. Um es mit einem Begriff auszudrücken, können wir es als „auffindbare begründete Existenz“ bezeichnen. Besitzt etwas eine substantiell begründete Existenz, tut es dies auf der Basis, eine auffindbare begründete Existenz zu haben. Es hat eine von sich aus begründete Existenz (tib. rang-ngos-nas grub-pa). 
  • Im Sautrantika, Chittamatra und Svatantrika behauptet man, nichtstatische beeinflusste Phänomene hätten die Fähigkeit, eine Wirkung oder Resultate hervorzurufen und wären so substantiell begründet. 
  • Da man im Prasangika-System davon ausgeht, dass auffindbare begründete Existenz unmöglich ist, vertritt man auch die Ansicht, dass substantiell begründete Existenz und somit auch eigenständige Erkennbarkeit unmöglich sind. 

Im Prasangika geht man von drei gleichbedeutenden Arten begriffsbestimmender zugeschrieben erkennbarer Phänomene aus:

  • zugeschrieben erkennbar als etwas, das auf einer Grundlage zugeschrieben ist (tib. rten-nas btags-pa’i btags-yod),
  • zugeschrieben erkennbar als etwas, das durch Namen und Bezeichnungen festgelegt ist (tib. ming-dang brda’i bzhag-pa’i btags-yod), sowie
  • zugeschrieben erkennbar als etwas, das durch konzeptuelle Wahrnehmung zugeschrieben ist (tib. rtog-pas btags-pa’i btags-yod). 

(1) Ganze sind beispielsweise Zuschreibungen auf der Grundlage ihrer Teile und alle Phänomene sind Zuschreibungen auf der Basis ihrer Grundlagen für die Zuschreibung. Niemand muss sie in diesem Moment aktiv zuschreiben, damit sie Zuschreibungen auf ihren Grundlagen sind.

(2) Wenn man danach sucht, wird man nichts als „Bezugs-Ding“ finden, was dessen Name oder Bezeichnung entspricht. Dennoch können gültig erkennbare Phänomene durch Namen und Bezeichnungen zugeschrieben werden. Individuelle Personen, private Gruppen von Menschen und Kulturkreise, die eine gemeinsame Sprache sprechen, legen Konventionen (tib. tha-snyad) fest, um Objektgruppen, die gemeinsame definierende Eigenschaften haben, mit bestimmten Namen und Bezeichnungen zu benennen. Die gemeinsamen definierenden Eigenschaften (tib. mtshan-nyid, Definitionen) werden ebenfalls von den Personen, Gruppen oder Kulturkreisen gewählt. Auf der Grundlage dieser Konventionen sind Objekte, die diese definierenden Eigenschaften haben, als mit Namen und Bezeichnungen benannte Objekte zugeschrieben erkennbar.

  • Gemäß mancher Texte sind die Begriffe „Name“ (tib. ming) und „Bezeichnung“ (tib. brda) gleichbedeutend. 
  • Laut anderer gibt es erst einen Namen für etwas, wenn eine Person, Gruppe oder ein Kulturkreis zum Beispiel die Hörkategorie (tib. sgra-spyi, Hörallgemeines, Klang-Allgemeines) „Wagen“ zuweist, um die Bedeutungs/Objekt-Kategorie (tib. don-spyi, bedeutungsbezogenes Allgemeines) „Wagen“ zu kennzeichnen. Die Hörkategorie ist die Gruppe, die aus den einzelnen Kombinationen der Klänge „Wa-“ und „-gen“ besteht, die in jeder Tonlage und Lautstärke ausgesprochen werden können. Die Bedeutungs/Objekt-Kategorie „Wagen“ ist die Gruppe, die aus den einzelnen Dingen besteht, welche die Kombination der Klänge „Wa-“ und „-gen“ bedeuten. Die Kombination der Klänge „Wa-“ und „-gen“ haben letztlich weder individuell noch kombiniert irgendeine Bedeutung auf ihrer eigenen Seite, solange ihnen nicht eine Person, Gruppe oder Gesellschaft willkürlich eine Definition und somit eine Bedeutung zuweist. Eine Bezeichnung kommt dann anschließend. Sobald jemand ein Objekt mit vier Rädern sieht – die konventionell festgelegten definierenden charakteristischen Merkmale eines „Wagens“ – erscheint ihm, der den Namen „Wagen“ gelernt hat, die Bezeichnung „Wagen“. 
  • Nach Ansicht weiterer Texte gibt es zunächst eine „Bezeichnung“, wenn eine Person, Gruppe oder ein Kulturkreis, die eine gemeinsame Sprache sprechen, willkürlich eine Hörkategorie, wie „Wa+gen“ kennzeichnen (bezeichnen), um damit eine Bedeutungs/Objekt-Kategorie anzudeuten. Von dem Moment an wird „Wagen“ der Name, den die Person, Gruppe oder der Kulturkreis für Objekte mit vier Rädern benutzt. 
  • Manchmal wird der Begriff don-spyi für die Kombination einer Hörkategorie und einer Bedeutungs/Objekt-Kategorie benutzt. In diesem allgemeineren Fall können wir es vielleicht einfach als „Kategorie“ übersetzen. Kategorien sind willkürliche statische Abstraktionen, die gemäß vereinbarter Konventionen benutzt werden, um alle gültig erkennbaren Phänomene konzeptuell wahrzunehmen. Alles gültig Erkennbare ist durch eine Kategorie zugeschrieben erkennbar. Nichts existiert jedoch in einer Kategorie von sich aus und wenn wir „da draußen“ nach Kategorien suchen, werden wir nichts finden. 

(3) Konzeptuelle Wahrnehmung ist nicht zwangsläufig verbal und erfordert nicht unbedingt, Objekte durch Kategorien wahrzunehmen, die durch Hör-Allgemeine und bedeutungsbezogene Allgemeine festgelegt wurden. Konzeptuelle Wahrnehmung kann durch Kategorien stattfinden, die durch grafische und bedeutungsbezogene Allgemeine festgelegt wurden. So kann man „geistiges Bild“ als Allgemeines benutzen, um einen Wagen darzustellen, festzulegen und um nichtverbal an ihn zu denken. Sie kann auch durch Kategorien stattfinden, die durch Geruchs- und bedeutungsbezogene Allgemeine bestimmt werden, wie „geistiger Geruch“, der von einem Hund benutzt wird, um sein Herrchen darzustellen, festzulegen und an ihn zu denken, sowie andere Allgemeine in Bezug auf andere Sinne. Konzeptuelle Wahrnehmung kann auch nur mit statischen Abstraktionen, wie Raum (tib. nam-mkha’), stattfinden. Ein Raum ist die Abwesenheit jedes hinderlichen Kontaktes – mit anderen Worten die Abwesenheit jeglicher materieller Objekte, mit denen man an einem Ort in Kontakt kommen könnte, und welche die Anwesenheit von etwas anderem verhindern würden. Ein Raum ist ein gültiges, zugeschrieben erkennbares Objekt, welches durch konzeptuelle Wahrnehmung entweder einem Objekt zugeschrieben ist oder zugeschrieben werden kann, das sich schon irgendwo befindet, oder einem leeren Zwischenraum (tib. bar-snang) – dem Raum zwischen zwei materiellen Objekten, in dem sich kein materielles Objekt befindet.

Alle gültig erkennbaren Phänomene sind in der Tat durch Zuschreibung als Dinge erkennbar, die durch konzeptuelle Wahrnehmung zugeschrieben werden. Das bedeutet nicht, alle gültig erkennbaren Phänomene können ausschließlich durch konzeptuelle Wahrnehmung gültig erkannt werden, sondern vielmehr, dass sie „einzig“ (tib. tsam, „lediglich“) deswegen gültig erkennbar sind, weil sie auf einer Grundlage der Zuschreibung zugeschrieben werden können; sie sind frei von irgendetwas auf der eigenen Seite, wie eine selbst-begründende Natur oder ein individuell definierendes charakteristisches Merkmal, dass ebenfalls ihre Existenz begründet. Hier muss angemerkt werden, dass sie gültig erkennbar sind, weil sie einzig durch „gültige“ konzeptuelle Wahrnehmung zugeschrieben sind oder zugeschrieben werden können. Ein Monster unter dem Bett ist nicht gültig erkennbar, nur weil ein verängstigtes Kind meint, es gäbe dort ein Monster.

  • Im Svatantrika vertritt man die Auffassung, die Existenz aller gültig erkennbaren Phänomene sei dadurch begründet, dass sie auf der Grundlage, auch von sich aus eine auffindbare begründete Existenz zu haben, zugeschrieben sind oder zugeschrieben werden können. So sind sie nicht „einzig und allein“ durch konzeptuelle Wahrnehmung als etwas erkennbar. 
  • Im Prasangika wird die gültige Erkennbarkeit eines Objektes, das einzig und allein zugeschriebenen ist oder zugeschrieben werden kann, nicht dadurch begründet, dass es als das „Bezugs-Ding“ der dazugehörigen Zuschreibung auffindbar ist. Nichts ist auffindbar. Sie wird einzig von Seiten des gültig zuschreibenden Geistes nach drei Kriterien begründet: 
  • Die gültige Zuschreibung darf nicht im Widerspruch zu der von einer Person, Gruppe oder eines Kulturkreises festgelegten Konvention stehen, die diese Bezeichnung benutzt. 
  • Die gültige Zuschreibung darf nicht im Widerspruch zu einer gültigen Wahrnehmung der oberflächlichen Wahrheit (tib. kun-rdzob bden-pa, relative Wahrheit, konventionelle Wahrheit) des Objektes, wie die gültige Wahrnehmung seiner Erscheinung, stehen. 
  • Die gültige Wahrnehmung darf nicht im Widerspruch zu einer gültigen Wahrnehmung der tiefsten Wahrheit (tib. don-dam bden-pa, letztendliche Wahrheit) des Objektes stehen, wie die gültige Wahrnehmung seiner Existenzweise (einer Abwesenheit oder Leerheit aller unmöglichen Weisen, auf die dessen Existenz begründet werden könnte). 

Zusammenfassung 

Alle indischen buddhistischen Lehrsysteme, außer dem des Vaibhashika, sind sich darin einig, dass das gültig erkennbare „Ich“ unabhängig von der Definition ist nicht ein eigenständig erkennbares substantiell existierendes Phänomen. Vielmehr ist es ein zugeschrieben erkennbares Phänomen. 

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