Die Geschichte des Buddhismus und des Islam in Afghanistan

Geographie

Seit der frühesten Zeit waren verschiedene Schulen des Hinayana-Buddhismus in Afghanistan vertreten, in den Königreichen, die entlang der Handelsroute nach Zentralasien lagen. Die wichtigsten Königreiche waren Oddiyana und Baktrien. Oddiyana umschloss sowohl die auf der pakistanischen als auch die auf der afghanischen Seite liegenden Gebiete des Khaiberpasses. Schließlich erhielt die afghanische Hälfte, die vom Khaiberpass bis ins Kabultal reichte, den Namen Nagarahara, während die pakistanische Seite, einschließlich dem Swattal, den namen Oddiyana behielt. Das alte Königreich Gandhara lag im Osten von Oddiyana, im heutigen Zentralpakistan. Baktrien erstreckte sich nordwärts vom Kabultal und umschloss Südusbekistan und Tadschikistan. Nördlich von Baktrien, in Zentralusbekistan und im nordwestlichen Tadschikistan, lag Sogdia. Der Süden Baktriens, nördlich vom Kabultal, hieß Kapisha, während der nördliche Teil später den Namen Tocharistan erhielt.

Die frühe Annahme des Buddhismus

Nach den ersten Hinayana-Biographien des Buddha, etwa dem Sarvastivada-Text „Das Sutra des Ausgedehnten Spieles(Skt. „Lalitavistara Sutra“), waren Tapassu und Bhallika, zwei Händlerbrüder aus Baktrien, die ersten Schüler, die die Laiengelübde erhielten. Dies geschah acht Wochen nach der Erleuchtung Shakyamunis, die traditionell dem Jahr 537 v. u. Z. zugeschrieben wird. Bhallika wurde später Mönch und errichtete ein Kloster in der Nähe seiner Heimatstadt Balkh, nicht weit vom heutigen Mazar-i Sharif. Als Reliquien brachte er acht Haare des Buddhas mit, für die er ein Stupa-Monument errichtete. Ungefähr zu dieser Zeit wurde Baktrien Teil des iranischen Achaimeniden-Reiches.

Im Jahr 349 v. u. Z., mehrere Jahre nach dem zweiten buddhistischen Konzil, spaltete sich die Mahasanghika-Tradition des Hinayana vom Theravada ab. Viele Mahasanghikas zogen nach Oddiyana. In Hadda, der wichtigsten Stadt auf afghanischer Seite, nahe dem heutigen Jalalabad, gründeten sie schließlich das Nagara Vihara Kloster und verwahrten dort eine Schädelreliquie Buddhas.

Ein Ältester des Theravada, Sambhuta Sanavasi, folgte ihnen bald darauf nach Afghanistan und versuchte, seine Tradition in Kapisha einzuführen. Er hatte keinen Erfolg und das Mahasanghika setzte sich als die wichtigste buddhistische Tradition in Afghanistan durch.

Schließlich spalteten sich die Anhänger des Mahasanghika in fünf Unterschulen auf. Die größte in Afghanistan war die Lokottaravada-Schule, die sich später im Bamiyan Tal, in den Bergen des Hindukusch, etablierte. Zwischen dem dritten und fünften Jahrhundert u. Z. errichteten ihre Anhänger dort die weltweit größte stehende Buddhastatue, die ihrer Anschauung entsprach, Buddha sei eine transzendenten, übermenschliche Figur. Im Jahr 2001 u. Z. zerstörten die Taliban den Koloss.

Im Jahr 330 v. u. Z. eroberte Alexander der Große von Makedonien den größten Teil des Achaimeniden-Reiches, einschließlich Baktriens und Oddiyanas. Er war gegenüber den religiösen Traditionen dieser Gebiete tolerant und schien in erster Linie an militärischen Eroberungen interessiert zu sein. Seine Nachfolger begründeten die Seleukiden-Dynastie. Im Jahr 317 v. u. Z. nahm jedoch die indische Maurya-Dynastie den Seleukiden Oddiyana ab, und so wurde diese Region, innerhalb dieser kurzen Periode, nur oberflächlich hellenisiert.

Der Maurya-Kaiser Ashoka (Herrschaft v. 273 bis 232 v. u. Z.) bevorzugte den Theravada-Buddhismus. In den späteren Jahren seiner Herrschaft sandte er eine Theravada – Mission nach Oddiyana, die von Maharakkhita geleitet wurde. Bis ins weit entfernte südliche Kandahar errichtete die Mission „Säulen des Ashokas“ mit Edikten, die auf buddhistischen Grundsätzen basierten. Durch diese Missionen konnte der Theravada in Afghanistan eine kleinere Präsenz etablieren.

Die Schule des Sarvastivada und das griechisch-baktrische Königreich

Gegen Ende der Herrschaft Ashokas, nach dem dritten buddhistischen Konzil, spaltete sich auch die Hinayana-Schule des Sarvastivada vom Theravada ab. Nach Ashokas Tod führte sein Sohn Jaloka den Sarvastivada in Kaschmir ein.

Im Jahr 239 v. u. Z. rebellierten die griechischen Adligen Baktriens gegen die Herrschaft der Seleukiden und errangen die Unabhängigkeit. In den folgenden Jahren eroberten sie Sogdiana und Kaschmir und errichteten so das griechisch-baktrische Königsreich. Mönche aus Kaschmir verbreiteten bald die Sarvastivada-Schule des Hinayana in Baktrien.

Im Jahr 197 v. u. Z. nahmen die Gräko-Baktrer den Maurya Oddiyana und Gandhara ab. Infolgedessen gelangte der Sarvastivada auch in den südöstlichen Teil Afghanistans. In der starken Wechselbeziehung zwischen griechischer und indischer Kultur, die darauf folgte, gewannen hellenistische Stile einen großen Einfluss auf die buddhistische Kunst, insbesondere was ihre Darstellung des menschlichen Körpers und der Drapierung von Roben angeht.

Auch wenn die Theravada-Schule im griechisch-baktrischen Königreich nie ein große Rolle spielte, wurde doch einer seiner Könige, Menandros (Pali: Milinda; Herrschaftszeit v. 155 bis 130 v. u. Z.), durch den Einfluss eines besuchenden indischen Mönches, Nagasena, zu einem Anhänger des Theravada. Der König stellte diesem indischen Meister zahlreiche Fragen und ihr Dialog wurde als „Die Fragen des Milinda“ (Pali: „Milindapanho“) bekannt. Kurz darauf nahm der griechisch-baktrische Staat Beziehungen zu Sri Lanka auf und sandte eine Mönchsdelegation zur Weihung der großen Stupa, die dort von König Dutthagamani (Herrschaftszeit v. 101 bis 77 v. u. Z.) errichtet worden war. Der darauffolgende kulturelle Kontakt bewirkte, dass „Die Fragen des Milinda“ von den griechisch-baktrischen Mönchen mündlich nach Sri Lanka überliefert wurden. Später wurden sie zu einem extra-kanonischen Text in der Theravada-Tradition.

Die Periode der Kushan

Zwischen 177 und 165 v. u. Z. trieb die West-Expansion des chinesischen Han-Reiches nach Gansu und Ost-Turkistan (Chin.: Xinjiang, dt.: Sinkiang) viele der einheimischen Nomadenstämme aus Zentral-Asien weiter nach Westen. Einer dieser Stämme, die Xiognu, griff einen anderen Stamm, die Yüe-chi (Wades-Giles: Yüeh-chih) an und assimilierte große Teile dieses Stammes. Die Yüe-chi waren Kaukasier, die eine alto indo-europäische Sprache sprachen. Sie waren diejenigen der Kaukasier, welche am weitensten nach Osten gewandert waren. Entsprechend einiger Quellen wanderte einer der fünf aristokratischen Stämme der Yüe-chi, welcher nach griechischen Quellen auch als der Stamm der Tocharer bekannt ist, in das heutige Ost-Kasachstan, wobei er den hier ansässigen Nomadenstamm der Shakas (Alt-Iranisch: Saka, den Griechen unter Skythen bekannt) nach Süden verdrängte. Sowohl die Tocharer als die Sakhas sprachen iranische Sprachen. Wegen dieser Sprachunterschiede wird darüber gestritten, ob diese Tocharer mit den Nachfahren der Yüe-chi (die auch als "Tocharer" bekannt sind) verwandt sind oder nicht. Letztere hatten im zweiten Jahrhunder u.Z. blühende Zivilisationen in Kucha und Turfan in Ost-Turkistan gegründet. Sicher ist jedoch, dass die Shakas nicht mit dem Fürstengeschlecht der Shakyas aus dem zentralen Nord-Indien, in dem Buddha Shakyamuni geboren wurde, verwandt sind.

Die Sakhas nahmen den Gräko-Baktrern zunächst Sogdiana ab und dann, im Jahr 139 v. u. Z., während der Herrschaft des König Menandros, auch Baktrien. Dort wandten sich die Sakhas dem Buddhismus zu. Um 100 v. u. Z. nahmen die Tocharer den Sakhas Sogdiana und Baktrien ab. Als sie sich in diesen Gebieten niederließen, nahmen auch sie den Buddhismus an. Dies war der Beginn der Kushan-Dynastie, die sich schließlich bis nach Kaschmir, Nord-Pakistan und Nordwest-Indien ausbreitete.

Der berühmteste König der Kushan war Kanishka (Herrschaft v. 78 bis 102 v. u. Z.), dessen westliche Hauptstadt in Kapisha lag. Er förderte die Sarvastivada-Schule des Hinayana. Dessen Unterabteilung des Vaibhashika war in Tocharistan besonders stark. Der tocharische Mönch Goshaka war einer der Sammler der Vaibhashika-Kommentare zum Abhidharma (Spezielle Themen des Wissens), die auf dem vierten buddhistischen Konzil unter der Schirmherrschaft Kanishkas angenommen wurden. Als Goshaka vom Konzil nach Tocharistan zurückkehrte, gründete er die Westliche Vaibhashika-(Balhika-)-Schule. Das Nava Vihara, das Hauptkloster in Balkh, wurde bald für das gesamte Zentralasien zu einem Zentrum höherer buddhistischer Studien, das mit dem Nalanda-Kloster im zentralen Nordindien verglichen werden kann. Es betonte in erster Linie das Studium des Vaibhashika-Abhidharma und nahm nur Mönche auf, die schon Texte zu diesem Thema verfasst hatten. Da es eine Zahnreliquie des Buddhas barg, stellte es auch eines der wichtigsten Pilgerzentren entlang der Seidenstrasse von China nach Indien dar.

Balkh war um 600 v. u. Z. die Geburtsstadt Zarathustras gewesen. Sie war die heilige Stadt des Zoroastrismus, jener iranischen Religion, die sich aus seinen Lehren entwickelte und die die Verehrung des Feuers betonte. Kanishka folgte der gräko-baktrischen Politik der religiösen Toleranz. So koexistierten der Buddhismus und der Zoroastrismus friedlich in Balkh und beeinflussten sich gegenseitig in ihrer Entwicklung. Höhlenkloster dieser Zeit weisen Wandmalereien auf, die Buddhas darstellen, die von flammenden Auren umgeben und mit Inschriften versehen sind, die sie „Buddha-Mazda“ nennen. Dies war eine Verschmezlung von Buddha mit Ahura Mazda, dem obersten Gott des Zoroastrismus.

Im Jahr 224 stürzten die persischen Sassaniden die Kushan-Dynastie in Afghanistan. Obwohl die Sassaniden große Anhänger des Zoroastrismus waren, tolerierten sie den Buddhismus und erlaubten die Errichtung weiterer buddhistischer Klöster. Während ihrer Herrschaft errichteten die Anhänger des Lokottaravada die zwei kolossalen Buddha-Statuen in Bamiyan.

Es gab nur eine Ausnahme bezüglich der Toleranz der Sassaniden, als der zoroastrische Hohepriester Kartir in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts die Religionspolitik des Staates dominierte. Er befahl die Zerstörung mehrerer buddhistischer Klöster in Afghanistan, da ihm die Mischung aus Buddhismus und Zoroastrismus als eine Häresie erschien. Der Buddhismus erholte sich nach seinem Tod jedoch schnell.

Die Weißen Hunnen und die Turki Shahis

Zu Beginn des 4. Jahrhunderts nahmen die Weißen Hunnen – die bei den Griechen als Hephtaliten und bei den Indern als Turushkas bekannt waren – den Sassaniden die meisten Gebiete der früheren Kushan ab, einschließlich Afghanistan. Zunächst praktizierten die Weißen Hunnen ihre eigene Religion, die dem Zoroastrismus ähnelte. Bald jedoch wurden sie große Anhänger des Buddhismus. Der hanchinesische Pilger Faxian (Fa-hsien) reiste zwischen 399 und 414 durch ihre Gebiete und berichtete von der Blüte mehrerer Hinayana-Schulen.

Die Turki Shahis waren ein Turkvolk, das von den Kushan abstammte. Nach dem Sturz der Kushan-Dynastie durch die Sassaniden übernahmen sie jene Teile des früheren Reiches, die in Nord- und Nordwestinden lagen. Sie herrschten über sie bis zur Gründung der indischen Gupta-Dynastie im frühen 4. Jahrhundert und flohen dann nach Nagarahara. Sie nahmen den Weißen Hunnen Teile dieser Gebiete ab und hatten in der Mitte des 5. Jahrhunderts ihren Herrschaftsbereich bis ins Kabultal und nach Kapisha erweitert. Wie die Kushan und die Weißen Hunnen vor ihnen förderten auch die Turki Shahis den Buddhismus in Afghanistan.

Im Jahr 515 unterdrückte der weißhunnische König Mihirakula unter dem Einfluss eifersüchtiger nichtbuddhistischer Gruppen an seinem Hof den Buddhismus. Er zerstörte Klöster und tötete viele Mönche in ganz Nordwest-Indien, in Gandhara und vor allem in Kaschmir. Die Verfolgung war in den von ihm kontrollierten Teilen Nagaraharas weniger hart. Sein Sohn kehrte seine Politik um und ließ in all diesen Gebieten neue Klöster errichten.

Die Westtürken

Aus dem Norden Westturkistans kommend eroberten die Westtürken im Jahr 560 die westlichen Gebiete der zentralasiatischen Seidenstrasse. Langsam drangen sie in Baktrien vor, wobei sie die Turki Shahis weiter in den Osten von Nagarahara trieben. Viele Führer der Westtürken übernahmen von den Einheimischen den Buddhismus und im Jahr 590 errichteten sie ein neues buddhistisches Kloster in Kapisha. Im Jahr 622 nahm der westtürkische Herrscher Tongshihu Qaghan, unter der Anleitung des nordindischen Mönches Prabhakaramitra, der gerade zu Besuch war, offiziell den Buddhismus an.

Der chinesische Pilger Xuanzang (Hsüan-tsang) besuchte die Westtürken um das Jahr 630 auf seinem Weg nach Indien. Er berichtete, dass der Buddhismus im baktrischen Teil ihres Reiches in Blüte stand, besonders im Nava Vihara Kloster in Balkh. Er erwähnte die Klosteruniversität nicht nur aufgrund der dortigen Gelehrsamkeit, sondern auch wegen ihrer schönen Buddhastatuen die, in Übereinstimmung mit dem einheimischen Brauch des Zoroastrismus, in seidene Roben drapiert und mit ornamentalen Juwelen geschmückt waren. Das Kloster stand zu dieser Zeit in enger Verbindung mit Khotan, einem stark buddhistischen Königsreich in Ostturkistan, und sandte zahlreiche Mönche dorthin zum Lehren. Xuanzang beschrieb auch ein Kloster nahe Nava Vihara, das sich der fortgeschrittenen Meditationspraxis des Hinayana, dem vipashyana (Pali: vipassana), widmete – die außergewöhnlichen Erkenntnisse der Vergänglichkeit und des Fehlens einer unabhängigen Identität der Person.

Xuanzang fand den Buddhismus in Nagarahara, unter den Turki Shahis, in einem viel schlechterem Zustand vor. Wie in Oddiyana schien sich dieses Gebiet noch nicht von der mehr als einem Jahrhundert zurückliegenden Verfolgung durch König Mihirakula erholt zu haben. Obwohl das Nagara Vihara durch die dort aufbewahrte Schädelreliquie des Buddhas eine der heiligsten Pilgerstätten der buddhistischen Welt darstellte, berichtete Xuanzang, dass seine Mönche verdorben worden waren. Sie verlangten von den Pilgern je eine Goldmünze um die Reliquie zu sehen und in der gesamten Region gab es keine Studienzentren.

Obwohl außerdem das Mahayana im 5. und 6. Jahrhundert von Kaschmir und Gandhara bis nach Afghanistan vorgedrungen war, registrierte Xuanzang sein Vorkommen nur in Kapisha und in den Regionen des Hindukusch westlich von Nagarahara. Der Sarvastivada blieb die vorherrschende buddhistische Tradition in Nagarahara und im nördlichen Baktrien.

Die Omaijaden-Periode und die Einführung des Islams

Fünf Jahre nach dem Tode des Propheten Mohammed besiegten im Jahr 637 die Araber die persischen Sassaniden und begründeten im Jahr 661 das Kalifat der Omaijaden. Dieses beherrschte den Iran und weite Teile des Mittleren Ostens. Im Jahr 663 griffen die Araber Baktrien an, das die Turki Shahis mittlerweile den Westtürken abgenommen hatten. Die Truppen der Omaijaden eroberten die Gebiete um Balkh, einschließlich des Nava Vihara-Klosters und zwangen die Turki Shahis, sich ins Kabultal zurückzuziehen.

In den Ländern, die sie eroberten, erlaubten die Araber den Anhängern nichtmuslimischer Religionen, ihren Glauben zu bewahren, wenn sie sich friedlich ergaben und eine Kopfsteuer (arabisch: jizya) zahlten. Obwohl in Baktrien einige Buddhisten und sogar ein Abt des Nava Vihara Klosters zum Islam konvertierten, akzeptierten die meisten diesen Dhimmi-Status als loyale, nichtmuslimische, geschützte Subjekte innerhalb eines islamischen Staates. Das Nava Vihara blieb geöffnet und in Betrieb. Der chinesische Pilger Yijing (I-ching) besuchte Nava Vihara im Jahr 680 und berichtete, dass es als Studienzentrum des Sarvastivada in Blüte stand.

Zu Beginn des 8. Jahrhunderts schrieb ein omaijadisch-persischer Autor, al-Kermani, einen detaillierten Bericht über das Nava Vihara, der in dem Werk „Kitab al-Budan“ von al-Hamadhani aus dem 10. Jahrhundert erhalten geblieben ist. Er beschrieb das Kloster auf eine für Muslime leicht verständlich Weise, indem er die Analogie zur Kabah in Mekka zog, dem heiligsten Ort des Islam. Er erklärte, dass der Haupttempel einen mit Tüchern behangenen Steinwürfel in seinem Zentrum hatte und dass Anhänger ihn umkreisten und Niederwerfungen machten, so wie dies auch in Kabah der Fall ist. Der Steinwürfel bezog sich auf eine Plattform, auf der sich ein Stupa erhob, wie es in baktrischen Tempeln üblich war. Das Tuch, dass ihn bedeckte, entsprach nach dem iranischem Brauch dem Ausdruck der Verehrung und wurde sowohl für Buddhastatuen als auch für Stupas angewendet. Al-Kermanis Beschreibung zeugt von einer offenen und respektvollen Haltung, mit der die omaijadischen Araber die nichtmuslimische Religionen, die sie in ihren neueroberten Gebieten vorfanden, wie den Buddhismus, zu verstehen versuchten.

Die tibetische Allianz

Im Jahr 680 hatte Husayn im Irak eine erfolglose Rebellion gegen die Omaijaden angeführt. Dieser Konflikt hatte die Aufmerksamkeit der Araber von Zentralasien abgelenkt und ihre Kontrolle dort geschwächt. Die Tibeter nutzten diese Situation aus, um im Jahr 705 eine Allianz mit den Turki Shahis zu bilden. Gemeinsam versuchten sie, jedoch ohne Erfolg, die omaijadischen Truppen aus Baktrien zu vertreiben.

Die Tibeter hatten etwa sechzig Jahre zuvor von den Chinesen und Nepalesen vom Buddhismus erfahren, hatten allerdings zu dieser Zeit noch keine Klöster. Im Jahr 708 gelang es dem Prinz der Turki Shahi, Nazaktar Khan, die Omaijaden aus Baktrien zu vertreiben und eine fanatisch buddhistische Herrschaft in Baktrien einzuführen. Er lies sogar den ehemaligen Abt des Nava Vihara enthaupten, der sich zum Islam bekehrt hatte.

Im Jahr 715 nahm der arabische General Qutaiba den Turki Shahis und ihren tibetischen Verbündeten Baktrien wieder ab. Als Strafe für den vorhergegangenen Aufstand richtete er großen Schaden in Nava Vihara an. Viele Mönche flüchteten nach Khotan und Kaschmir, wodurch sie vor allem im zweiten dieser Gebiete die Ausbreitung des Buddhismus anregten. Tibet wechselte die Seiten und verbündete sich aus politischer Zweckmäßigkeit mit den omaijadischen Truppen, die es gerade noch bekämpft hatte.

Das Nava Vihara erholte sich rasch und funktionierte bald wie zuvor. Dies zeigte, dass die Zerstörung buddhistischer Klöster in Baktrien durch Muslime keine religiös motivierten Akte waren. Wäre dem so gewesen, hätten sie ihren Wiederaufbau nicht erlaubt. Die Omaijaden wiederholten lediglich jene Politik gegenüber dem Buddhismus, die sie auch früher im selben Jahrhundert verfolgt hatten, als sie die Gebiete von Sindh im heutigen Südpakistan erobert hatten. Sie zerstörten nur bestimmte Klöster, die sie als Keimzellen der Opposition betrachteten, ließen dann aber zu, dass sie wieder aufgebaut wurden und dass die anderen Klöster gediehen. Ihr Hauptziel war die wirtschaftliche Ausbeutung und daher setzten sie den Buddhisten eine Kopfsteuer und den Besuchern der heiligen Schreine eine Pilgersteuer auf.

Trotz der Neigung zur religiösen Toleranz, die alle vorangehenden omaijadischen Kalifen gemeinsam hatten, erklärte Umar II, der zwischen 717 und 720 herrschte, dass alle Alliierten der Omaijaden den Islam annehmen müssten. Diese Annahme sollte allerdings freiwillig sein und auf dem Erlernen seiner Prinzipien basieren. Um ihre Verbündeten friedlich zu stimmen, schickten die Tibeter 717 einen Gesandten an den omaijadischen Hof, um einen muslimischen Gelehrten einzuladen. Der Kalif schickte al-Hanafi. Die Tatsache, dass dieser Gelehrte keine belegten Erfolge bei seiner Bekehrung hatte, zeigt, dass die Omaijaden die Verbreitung ihre Religion nicht hartnäckig vorantrieben. Darüber hinaus war der kühle Empfang al-Hanafis in erster Linie der xenophoben Atmosphäre zuzuschreiben, die von der oppositionellen Fraktion am tibetischen Hof verbreitet worden war.

In den folgenden Jahrzehnten wechselten die politischen und militärischen Allianzen oft, während Araber, Chinesen, Tibeter, Turki Shahis und zahlreiche weitere Turkstämme um die Kontrolle Zentralasiens kämpften. Die Turki Shahis nahmen den Omaijaden Kapisha wieder ab und im Jahr 739 verbündeten sich die Tibeter wieder mit ihnen, als der tibetische Kaiser Kabul besuchte, um ein Heiratsbündnis zwischen den Turki Shahis und Khotan zu feiern. Die Omaijaden herrschten weiterhin über Nordbaktrien.

Die frühe Abbasiden-Periode

Im Jahr 750 stürzte eine arabische Faktion das omaijadische Kalifat und gründete die Abbasiden-Dynastie. Sie behielten die Kontrolle über Nordbaktrien. Die Abbasiden führten nicht nur die Politik fort, den dortigen Buddhisten den Dhimmi-Status zuzuerkennen; sie interessierten sich auch stark für fremde Kulturen, vor allem für die indische. Im Jahr 762 engagierte der Kalif al-Mansur (Herrschaft zwischen 754 und 775) indische Architekten und Ingenieure um die neue abbasidische Hauptstadt, Bagdad, zu gestalten. Er leitete ihren Namen vom Sanskrit Bhaga-dada, das „Geschenk Gottes“, ab. Der Kalif ließ auch ein Haus des Wissens (Bayt al-Hikmat) mit einem Übersetzungsbüro errichten. Er lud Gelehrte aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen ein, um Texte ins Arabische zu übersetzen, besonders, was Logik und naturwissenschaftliche Themen anging.

Die frühen abbasidischen Kalifen waren Förderer der Mu'tazila-Schule des Islam, die versuchte, die Prinzipien des Koran von einem rationalen Standpunkt aus zu erklären. Im Haus des Wissens wurden jedoch nicht nur wissenschaftliche Texte übersetzt. Buddhistische Gelehrte übersetzten sowohl Mahayana als auch Hinayana Sutras ins Arabische, die sowohl devotionale als auch ethische Themen behandelten.

Der nächste Kalif, al-Mahdi (Herrschaft zwischen 775 und 785) befahl den in Sindh stationierten Abbasidischen Truppen Saurashtra im Südosten anzugreifen. Angesichts der Tatsache, dass ein Rivale in Arabien ebenfalls zum Mahdi, zum islamischen Messias, erklärt worden war, stellte diese Invasion einen Teil der Kampagne des Kalifen dar, die sein Prestige und seine Stellung als oberster Führer der islamischen Welt festigen sollte. Die abbasidischen Truppen zerstörten die buddhistischen Klöster und Jain Tempel in Valabhi. Wie bei der omaijadischen Eroberung Sindhs scheinen auch die Abbasiden nur jene Zentren zerstört zu haben, die sie als Keimzellen der Opposition gegen ihre Herrschaft betrachteten. Selbst unter dem Kalifen al-Mahdi überließen sie die buddhistischen Klöster im Rest ihres Reiches sich selbst und zogen es vor, sie als Einkommensquellen zu nutzen. Überdies fuhr al-Mahdi damit fort, die Übersetzungsaktivitäten im Haus der Weisheit in Bagdad zu erweitern. Er verfolgte nicht die Absicht, die indische Kultur zu zerstören, sondern von ihr zu lernen.

Yahya ibn Barmak, der muslimische Enkel eines der buddhistischen Verwaltungsleiter (Skt: pramukha; arabisch: barmak) des Nava Vihara – Klosters, wurde Minister des nächsten Abbasidischen Kalifen, al-Rashid (Herrschaftszeit zwischen 786 und 808). Unter seinem Einfluss lud der Kalif eine große Anzahl weiterer indischer Gelehrter und Meister, insbesondere Buddhisten, nach Bagdad ein. Ein Katalog muslimischer wie nichtmuslimischer Texte, „Kitab al-Fihrist“, der zu dieser Zeit zusammengestellt wurde, beinhaltete eine Liste buddhistischer Werke. Unter diesen befand sich auch eine arabische Version des Berichtes über Buddhas frühere Leben, „Kitab al-Budd“.

Nach und nach etablierte sich der Islam in Baktrien unter den Landbesitzern und den höheren, gebildeten, städtischen Klassen, auf die er aufgrund seines hohen Kultur- und Wissensniveaus anziehend wirkte. Um den Buddhismus zu studieren, musste man einem Kloster beitreten. Nava Vihara, das in dieser Periode zwar immer noch funktionierte, war in seinen Kapazitäten beschränkt und verlangte vor dem Beitritt eine umfassende Ausbildung. Die islamische Hochkultur und ihr Studium waren dagegen leichter zugänglich. Der Buddhismus blieb unter den ärmeren Bauernklassen auf dem Land weiter stark verbreitet und äußerte sich meist in Anbetungspraktiken an religiösen Schreinen.

Auch der Hinduismus war in der gesamten Region vertreten. Der chinesische Pilgerer Wukong (Wu-k'ung), der die Region im Jahr 753 besuchte, berichtete sowohl von hinduistischen als auch von buddhistischen Tempeln, die vor allem im Kabultal angesiedelt waren. Als der Buddhismus in der Handelsklasse abnahm, nahm auch der Hinduismus zu.

Rebellionen gegen die Abbasiden

Die frühen Abbasiden wurden von Rebellionen geplagt. Der Kalif al-Rashid starb im Jahr 808 auf dem Weg nach Samarkand, der Hauptstadt Sogdianas, um dort eine niederzuschlagen. Vor seinem Tode teilte er sein Reich zwischen seinen beiden Söhnen auf. al-Ma'mun, der seinen Vater bei seinem Kampf in Sogdiana begleitet hatte, erhielt die östliche Hälfte, einschließlich Baktriens. al-Amin, der mächtigere von beiden, erhielt die renommiertere westliche Hälfte, einschließlich Bagdad und Mekka.

Um im Volk die Unterstützung für die Eroberung von al-Amins Hälfte des Abbasidenreiches zu gewinnen, verteilte al-Ma'mun in Sogdiana Land und Reichtümer. Dann griff er seinen Bruder an. Während des inneren Vernichtungskrieges der nun ausbrach, verbündeten sich die Turki Shahis aus Kabul, zusammen mit ihren tibetischen Alliierten, mit den anti-Abbasidischen Rebellen in Sogdiana und Baktrien um die Situation zu nutzen und zu versuchen, die Herrschaft der Abbasiden zu stürzen. Der Minister und General al-Ma'muns, al-Fadl, ermutigte seinen Herrscher einen jihad, einen heiligen Krieg, gegen diese Allianz auszurufen, um das Ansehen des Kalifen noch zu vergrößern. Nur Herrscher, die den reinen Glauben aufrecht halten, dürfen den Jihad erklären, um ihren Glauben vor jenen zu verteidigen, die den Islam angreifen.

Nachdem al-Ma'mun seinen Bruder besiegt hatte, erklärte er diesen Jihad. Im Jahr 815 besiegte er den Herrscher der Turki Shahis, der als der Schah von Kabul bekannt war, und zwang ihn, sich zum Islam zu bekehren. Was die muslimischen Glaubensinhalte am meisten kränkte, war die Götzenanbetung. Die heidnischen arabischen Kulte vor Mohammed beteten Götzen an und bewahrten Statuen von ihnen im Schrein der Kaaba in Mekka auf. Bei der Einführung des Islam zerstörte der Prophet sie alle. Als Zeichen der Unterwerfung ließ sich al-Ma'mun daher vom Schah eine goldene Buddhastatue nach Mekka schicken. Zweifellos aus Propagandagründen, zur Sicherung seiner Legitimität, ließ al-Ma'mun die Statue zwei Jahre lang an der Kaaba öffentlich zur Schau stellen, versehen mit eine schriftlichen Kundgebung, nach der Allah den König Tibets zum Islam geführt habe. Die Araber verwechselten den König Tibets mit seinem Vasallen, dem Turki Schah von Kabul. Im Jahr 817 schmolzen die Abbasiden die Buddhastatue ein, um Goldmünzen daraus zu prägen.

Nach ihrem Erfolg im Kampf gegen die Turki Shahis griffen die Abbasiden die von Tibet kontrollierte Region Gilgit im heutigen Nordpakistan an und annektierten auch sie schnell. Sie schickten einen gefangengenommenen tibetischen Befehlshaber nach Bagdad, um ihn zu demütigen.

Die Dynastien der Taharaden, Saffariden und Hindu Shahis

Ungefähr zu dieser Zeit begannen regionale Militärführer in verschiedenen Teilen des Abbasidenreiches autonome islamische Staaten zu errichten, die nur der Form nach mit dem Kalifen in Bagdad verbündet waren. Die erste Region, die ihre Unabhängigkeit verkündete, war Nordbaktrien, wo General Tahir im Jahr 819 die Dynastie der Tahiraden gründete.

Als die Abbasiden sich aus Kabul und Gilgit zurückzogen und ihre Aufmerksamkeit auf dringlichere Angelegenheiten richteten, gewannen die Tibeter und Turki Shahis ihre früheren Besitzungen wieder zurück. Trotz der Zwangsbekehrung der Herrscher dieser Länder hatten die Abbasiden den Buddhismus dort nicht verfolgt. Die Araber hatten während dieses Zeitraumes den Handel mit den Tibetern aufrechterhalten.

Der nächste islamische General, der die Autonomie von den Abbasiden erklärte, war al-Saffar. Im Jahr 861 gründete sein Nachfolger im südöstlichen Iran die Saffariden-Dynastie. Nachdem die Saffaraden die Kontrolle über die restlichen Gebiete des Iran gewonnen hatten, fielen sie 870 ins Kabultal ein. Angesichts der bevorstehenden Niederlage wurde der letzte buddhistische Führer der Turki Shahis von seinem brahmanischen Minister, Kallar gestürzt. Er übergab Kabul und Nagarahara an die Saffariden und begründete in Oddiyana die Dynastie der Hindu Shahis.

Die Saffariden waren außergewöhnlich rachsüchtige Eroberer. Sie plünderten buddhistische Klöster im Kabultal und in Bamiyan und schickten deren Statuen von „Buddha-Götzenbildern“ als Kriegstrophäen an den Kalifen. Diese harte militärische Besetzung war der erste ernsthafte Schlag gegen den Buddhismus im Gebiet von Kabul. Die vorangegangene Niederlage des Schahs von Kabul und seine Bekehrung zum Islam im Jahr 815 hatte nur wenig Auswirkung auf den allgemeinen Zustand des Buddhismus in der Region gehabt.

Die Saffariden führten ihren Eroberungs- und Zerstörungsfeldzug weiter gen Norden und nahmen im Jahr 873 den Tahiriden Baktrien ab. Die Hindu Shahis eroberten allerdings im Jahr 879 Kabul und Nagahara zurück. Sie führten ihre Politik fort, sowohl den Hinduismus als auch den Buddhismus in ihrem Volk zu fördern und die buddhistischen Klöster Kabuls fanden bald ihren alten Glanz wieder.

Die Dynastien der Samaniden, Ghaznawiden und Seldschuken

Ismail bin Ahmad, der persische Gouverneur von Sogdiana, erklärte als nächster die Unabhängigkeit und gründete 892 die Dynastie der Samaniden. 903 nahm er den Saffariden Baktrien ab. Die Samaniden förderten eine Rückkehr zur traditionellen iranischen Kultur, blieben aber dem Buddhismus gegenüber tolerant. Während der Herrschaft von Nasr II (Herrschaft von 913 – 942) beispielsweise wurden in Buchara, der Hauptstadt der Samaniden, weiterhin Skulpturen Buddhas hergestellt. Sie wurden nicht als „Buddha-Götzen“ verboten.

Die Samaniden versklavten die Mitglieder der Turkvölker in ihrem Reich und rekrutierten sie zwangsweise für ihre Armee. Wenn die Soldaten den Islam annahmen, gab man ihnen formell die Freiheit. Die Samaniden hatten allerdings Schwierigkeiten, die Kontrolle über diese Männer zu bewahren. Im Jahr 962 eroberte Alptigin, einer dieser türkischen Militärführer, der den Islam angenommen hatte, Ghaznah, südlich von Kabul. Dort gründete sein Nachfolger, Sebuktegin (Herrschaft von 976 bis 997) im Jahre 976 die Ghaznawiden-Dynastie. Bald darauf nahm er den Hindu Shais das Tal von Kabul ab und vertrieb sie nach Oddiyana.

Der Buddhismus hatte im Kabultal unter der Herrschaft der Hindu Shahis in Blüte gestanden. Asadi Tusi, beschreibt in seinem „Garshasp Name“, das 1048 verfasst wurde, die Opulenz seines Hauptklosters, des Subahar (Su Vihara), als die Ghaznawiden Kabul überrannten. Es scheint nicht so, dass die Ghaznawiden es zerstörten.

Im Jahr 999 stürzte der nächste Herrscher der Ghaznawiden, Mahmud Ghazni (Herrschaft von 998 bis 1030) mit der Hilfe türkischer Sklavensoldaten, die sich in samanidischem Dienst befanden, die Samaniden. Das Imperium der Ghaznawiden umfasste nun Baktiren und das südliche Sogdiana. Mahmud Ghazni eroberte auch den größten Teil des Iran. Er führte die Politik der Samaniden fort, wonach die persische Kultur gefördert und nichtmuslimische Religionen toleriert wurden. Al-Biruni, ein persischer Gelehrter und Schriftsteller, berichtet, dass um die erste Jahrtausendwende die buddhistischen Klöster in Baktrien, einschließlich des Nava Vihara, weiterhin aktiv waren.

Mahmud Ghazni war allerdings intolerant gegenüber islamischen Schulen, die sich vom orthodoxen sunnitischen Glauben, den er förderte, unterschieden. Sein Angriff im Jahre 1008 auf Multan im nördlichen Sindh war eine Kampagne gegen die staatlich gestützte ismaelitische Richtung des shiitischen Islams, den auch die Samaniden begünstigt hatten. Die ismaelitische Fatimiden-Dynastie in Ägypten (969 – 1171) war sein Hauptrivale um die Oberherrschaft über die islamische Welt. Nachdem er in Multan den Sieg gekostet hatte, weitete er sein Imperium weiter aus, indem er Oddiyana und die Regionen östlich davon, bis nach Agra in Nordindien eroberte. Sein Plündern und Zerstören buddhistischer Kloester in der Region war Teil seiner Invasionstaktik. Wie in den meisten Kriegen verursachen die Invasionstruppen oft die größtmöglichste Zerstörung, um die Bevölkerung vor Ort zur Kapitulation zu bewegen, besonders, wenn sie Wiederstand leisten. Während seiner Kampagnen auf dem indischen Subkontinent ließ Mahmud Ghazni die buddhistischen Klöster, die in seinem Herrschaftsbereich in Kabul und Baktrien lagen, unbeschadet.

Im Jahr 1040 rebellierten die seldschukischen türkischen Vasallen der Ghaznawiden in Sogdiana und etablierten die Seldschukische Dynastie. Bald hatten sie den Ghaznawiden, die sich ins Kabultal zurückzogen, Baktrien und den größten Teil des Iran abgerungen. Schließlich weitete sich das Reich der Seldschuken bis nach Bagdad, in die Türkei und nach Palästina aus. Die Seldschuken waren die verschrieenen „Ungläubigen“ gegen die Papst Urban der Zweite 1096 den ersten Kreuzzug ausrief.

Die Seldschuken waren in ihrer Herrschaft pragmatisch. Sie gründeten islamische Studienzentren (arabisch: madrasah) in Bagdad und in Zentralasien, um die zivile Bürokratie auszubilden, die die verschiedenen Teile ihres Reiches verwalteten. Sie tolerierten in ihrem Reich nichtislamische Religionen, wie den Buddhismus. So publizierte al-Shahrastani (1076 – 1153) in Bagdad seinen „Kitab al-Milal wa Nihal“ – einen arabischsprachigen Text über nichtmuslimische Religionen und Schulen. Er enthielt eine einfach Erklärung der buddhistischen Lehren und wiederholte al-Birunis Beobachtung aus erster Hand, wonach die Inder Buddha als einen Propheten anerkennen.

Die zahlreichen buddhistischen Referenzen in der persischen Literatur dieser Periode belegen ebenfalls diesen islamisch-buddhistischen Kulturkontakt. Die persische Poesie beispielsweise benutzt für Paläste oft den Vergleich, dass sie „so schön wie Nowbahar (Nava Vihara)“ seien. Außerdem waren hinter den Köpfen der Buddhas, speziell des Maytreya, des zukünftigen Buddhas, im Nava Vihara und in Bamiyan Mondscheiben abgebildet. Dies führte dazu, dass die reine Schönheit einer Person poetisch beschrieben wurde, indem man sagte, sie habe „das mondförmige Antlitz eines Buddha“. So benutzten persische Gedichte, wie „Varqe und Golshah“ von Ayyuqi das Wort bot mit einer positiven Konnotation für „Buddha“, nicht mit seiner sekundären, abschätzigen Bedeutung von „Götze“. Es impliziert das Ideal einer asexuellen Schönheit sowohl bei Männern als bei Frauen. Diese Referenzen belegen, dass buddhistische Klöster und Abbildungen in diesen iranischen Kulturgebieten mindestens noch in der frühen mongolischen Zeit im dreizehnten Jahrhundert vorhanden waren oder zumindest, dass ein starkes buddhistisches Erbe noch Jahrhunderte lang unter den zum Islam bekehrten Buddhisten verbreitet war.

Die Dynastien der Qaraqitan und der Ghuriden

Im Jahr 1141 besiegten die Qaraqitan, ein Mongolisch sprechendes Volk, das über Ost- und Nordwestturkistans herrschte, die Seldschuken bei Samarkand. Ihr Herrscher, Yelu Dashi, gliederte Sogdiana und Baktrien in sein Reich ein. Die Ghasnawiden kontrollierten noch immer die Gebiete östlich vom Kabultal. Die Qaraqitaner praktizierten eine Mischung aus Buddhismus, Taoismus, Konfuzianismus und Schamanismus. Yelu Dashi war allerdings äußerst tolerant und beschützte alle Religionen in seinem Herrschaftsbereich, einschließlich den Islam.

Im Jahr 1148 nahm Ala-du Din von den nomadischen Türken der Berge Zentralasiens den Qaraqitanern Baktrien ab und begründete die Dynastie der Ghuriden. Im Jahr 1161 nahm er außerdem den Ghasnawiden Ghaznah und Kabul ab. Im Jahr 1173 ernannte er seinen Bruder, Mohammed Ghori, zum Gouverneur von Ghaznah und ermutigte ihn, den indischen Subkontinent anzugreifen.

Wie Mahmud Ghazni vor ihm eroberte auch Mohammed Ghori im Jahr 1178 als erstes das ismaelitische Königreich Multan im nördlichen Sindh, das seine Unabhängigkeit von den Ghasnawiden zurückgewonnen hatte. Daraufhin eroberte er die gesamte Pandschab-Region Pakistans und Nordindiens und danach die Gangesebene bis ins heutige Bihar und Westbengalen. Während dieses Feldzuges plünderte und zerstörte er viele große buddhistische Klöster, einschließlich Vikramashila und Odantapuri im Jahr 1200. Der lokale Sena-König hatte in einem Versuch, die Invasion aufzuhalten, die Klöster in Militärgarnisonen umgewandelt.

Die Anführer der Ghuriden haben ihre Truppen möglicherweise mit religiöser Indoktrination zur Kampfeswut angetrieben, wie es jedes Land mit politischer oder patriotischer Propaganda tut. Ihr Hauptziel jedoch war, wie bei den meisten Eroberern, der Gewinn von Territorium, Reichtum und Macht. Dementsprechend zerstörten die Ghuriden nur jene Klöster, die direkt auf ihrer Invasionsroute lagen. Die Klöster Nalanda und Bodh Gaya beispielsweise lagen Abseits der Hauptroute. Als der tibetische Übersetzer Chag Lotsawa sie im Jahr 1235 besuchte, fand er sie zwar beschädigt und geplündert vor, doch sie waren immer noch mit einer kleinen Anzahl von Mönchen aktiv. Das Jagaddala-Kloster in Nordbengalen war unangetastet und stand in Blüte.

Die Ghuriden waren außerdem nicht darauf aus, Kaschmir zu erobern und die Buddhisten dort zum Islam zu konvertieren. Kaschmir war zu dieser Zeit verarmt und die Klöster hatten nur wenige oder gar keine Reichtümer, die man hätte plündern können. Da die Ghuriden ihre Generäle oder Gouverneure nicht bezahlten und auch nicht mit Gütern versorgten, erwarteten sie, dass sie sich selbst und ihre Truppen mit den Einnahmen vor Ort zu versorgen. Wenn die Gouverneure jeden, der ihrer Rechtssprechung unterstand, gewaltsam zum Islam konvertiert hätten, hätten sie nicht große Teile der Bevölkerung durch die Auferlegung von Zusatzsteuern ausbeuten können. Aus diesem Grund befolgten die Ghuriden wie in Afghanistan den traditionellen Brauch, den Nichtmuslimen in Indien den Dhimmi-Status zuzugestehen und die Jizya-Kopfsteuer zu erheben.

Die mongolische Periode

Im Jahre 1215 nahm Dschingis Khan, der Gründer des Mongolenreiches, den Ghuriden Afghanistan ab. Wie er es auch anderswo zu tun pflegte, vernichtete Dschingis Khan diejenigen, die sich seiner Machtübernahme entgegensetzten und verwüstete ihre Länder. Es ist unklar, in welchem Zustand die Überreste des Buddhismus, die noch immer in Afghanistan vorhanden waren, sich zu dieser Zeit befanden. Dschingis Khan war allen Religion gegenüber tolerant, solange ihre Führer für sein langes Leben und seine militärischen Erfolge beteten. Im Jahr 1219 ließ er beispielsweise einen berühmten taoistischen Meister aus China zu sich nach Afghanistan kommen, um Zeremonien für sein langes Leben abzuhalten und ihm das Elixier der Unsterblichkeit zu brauen.

Nach Dschingis Khans Tod im Jahr 1227 und der Aufteilung seines Reiches unter seinen Erben, erhielt sein Sohn Chagatai die Herrschaft über Sogdiana und Afghanistan und gründete das Chagatai-Khanat. Im Jahr 1258 eroberte Hülegü, ein Enkel Dschingis Khans, den Iran und stürzte das Kalifat der Abbasiden in Bagdad. Er gründete das Il-Khane und lud bald buddhistische Mönche aus Tibet, Kaschmir und Ladakh an seinen Hof, im Nordwesten des Irans, ein. Das Il-Khane war mächtiger als das Chagatai-Khanat und dominierte zunächst seine Vetter dort . Da die buddhistischen Mönche auf ihrem Weg in den Iran Afghanistan passieren mussten, erhielten sie zweifellos offizielle Unterstützung auf ihrem Weg.

Nach Ansicht von einigen Gelehrten gehörten die tibetischen Mönche, die in den Iran kamen, höchstwahrscheinlich zur Schule der Drigung- (Drikung-) Kagyü und Hülegüs Einladung hatte möglicherweise politische Gründe. Im Jahr 1260 ernannte sich sein Cousin Khubilai (Kublai) Khan, der Mongolenführer Nordchinas, zum Großkhan aller Mongolen. Khubilai unterstützte die Sakya-Tradition des tibetischen Buddhismus und übergab seinen Führern die nominelle Oberhoheit über Tibet. Davor waren die Führer der Drigung Kagyü in Tibet politisch maßgebend gewesen. Khubilais Hauptrivale war ein anderer Cousin, Khaidu, der über Ostturkistan herrschte und die Drigung Kagyü-Linie unterstützte. Möglicherweise wollte sich Hülegü in diesen Machtkämpfen auf Khaidus Seite stellen.

Manche spekulieren, dass der Grund für Khubilais und Khaidus Hinwendung zum tibetischen Buddhismus darin lag, dass sie die übernatürliche Unterstützung des buddhistischen Beschützers Mahakala gewinnen wollten, der sowohl von der Sakya-Tradition als von der Kagyü Tradition praktiziert wurde . Mahakala war der Beschützer der Tanguten gewesen, die über das Gebiet zwischen Tibet und der Mongolei geherrscht hatten. Schließlich war ihr Großvater, Dschingis Khan, im Kampf gegen die Tanguten getötet worden, die hierfür wohl übernatürliche Hilfe erhalten haben mussten. Es ist unwahrscheinlich, dass die Mongolenführer, einschließlich Hülegü, den tibetischen Buddhismus aufgrund seiner tiefgehenden philosophischen Lehren wählten.

Nach Hülegüs Tod im Jahr 1266 wurde das Chagatai-Khanat unabhängiger von den Il-Khans und schloss eine Allianz mit Khaidu in seinem Kampf gegen Khubilai Khan. Währenddessen alternierten die Nachfahren Hülegüs, offensichtlich auch aus politischen Gründen, in ihrer Haltung gegenüber dem tibetischen Buddhismus und dem Islam. Hülegüs Sohn, Abagha, führte die von seinem Vater verfolgte Linie der Unterstützung des tibetischen Buddhismus fort. Sein Bruder Takudar jedoch, der im Jahr 1282 zu seinem Nachfolger wurde, konvertierte zum Islam, um bei seiner Invasion und Eroberung Ägyptens vor Ort Unterstützung zu gewinnen. Abaghas Sohn Arghun schlug seinen Onkel und wurde 1284 zum Il-Khan. Er machte den Buddhismus im Iran zur Staatsreligion und gründete dort mehrere Klöster. Als Arghun im Jahr 1291 starb, wurde sein Bruder Gaihatu der Il-Khan. Tibetische Mönche hatten Gaihatu den tibetischen Namen Rinchen-Dorje gegeben, doch er war ein verdorbener Säufer und kaum eine Zierde des buddhistischen Glaubens. Er führte aus China Papiergeld in den Iran ein, was ein ökonomisches Desaster verursachte.

Gaihatu starb 1295, ein Jahr nach Khubilai Khan. Arghuns Sohn Ghazan folgte auf den Thron. Er führt den Islam wieder als offizielle Religion des Il-Khane ein und zerstörte die neuen buddhistischen Klöster dort. Manche Gelehrte behaupten, dass Ghazan Khans Umkehrung der Religionspolitik seines Vaters dazu diente, sich von den Reformen und Glaubenssätzen seines Onkels zu distanzieren und um seine Unabhängigkeit vom mongolischen China zu bekräftigen.

Obwohl Ghazan Khan die Zerstörung buddhistischer Klöster befahl, scheint es, dass es nicht den Wunsch hatte, alles was zum Buddhismus gehörte, zu zerstören. Zum Beispiel beauftragte er Rashid-al-Din „Universalgeschichte“ (Arabisch: „Jami’ al-Tawarikh“) in zwei Versionen zu schreiben: eine in persischer, die andere in arabischer Sprache. In dem Abschnitt über die Geschichte der Kulturen der Menschen, die von den Mongolen erobert wurden, nahm Rashid-al-Din auch „Das Leben und die Lehren Buddhas“ auf. Um dem Historiker bei seinen Forschungen zu helfen, lud Ghazan Khan Bakshi Kamalashri, einen buddhistischen Mönch aus Kaschmir, an seinen Hof ein. Wie auch die frühere Arbeit al-Kermanis stellte Rashid in seiner Arbeit den Buddhismus in Begriffen dar, die die Muslime leicht verstehen konnten, z.B. nannte er Buddha einen „Propheten“, die Deva-Götter „Engel“ und Mara „Teufel“.

Rashid-al-Din berichtete, dass zu seiner Zeit elf buddhistische Texte in arabischer Übersetzung im Iran im Umlauf waren. Diese enthielten Mahayana-Texte, wie das „Sutra über die Aufstellung des Landes der Glückseligkeit“ (Skt. „Sukhavativyuha Sutra “, in dem es um das Reine Land von Buddha Amitabha geht), das „Sutra über eine Aufstellung, die wie ein geflochtener Korb ist“ (Skt. „Karandavyuha Sutra“, in dem es um Avalokiteshvara, die Verkörperung des Mitgefühls geht) und „Eine Erklärung über Maitreya“ (Skt. „Maitreyavyakarana“, bei der es um Maitreya geht, den zukünftigen Buddha und die Verkörperung der Liebe). Diese Texte waren zweifelsohne unter denjenigen, die seit dem 8. Jahrhundert unter der Schirmherrschaft der Abbasiden-Kalifen im Haus des Wissens in Bagdad übersetzt wurden.

Rashid-al-Din beendete seine Geschichte 1305, während der Regentschaft von Ghazans Nachfolger Öljaitü. Es scheint, dass es zu dieser Zeit immer noch buddhistische Mönche im Iran gab, zumindest bis zu Öljaitüs Tod im Jahr 1316, da Mönche erfolglos versuchten, den mongolischen Herrscher wieder für den Buddhismus zu gewinnen. So sind, zumindest bis dahin, buddhistische Mönche hin und zurück durch Afghanistan gezogen und mögen daher auch immer noch am Hofe Chagatais willkommen geheißen worden sein.

1321 teilte sich das Chagatai-Reich in zwei Teile. Das westliche Chagatai-Khanat umfasste Sogdiana und Afghanistan. Gleich zu Beginn konvertierten die Khans zum Islam. Das Il-Khane im Iran zerbrach und löste sich 1336 auf. Danach gibt es keine Hinweise auf eine weitere Präsenz des Buddhismus in Afghanistan. Sie hatte dort fast neunzehn hundert Jahre angedauert. Trotzdem starb das Wissen über den Buddhismus nicht aus. Timur (Tamerlan) eroberte das westliche Chagatai-Khanat 1364 und den kleinen Nachfolgestaat von Il-Khane 1385. Timurs Sohn und Nachfolger, Shah Rukh, beauftragte den Historiker Hafiz-i Abru eine „Sammlung von Geschichtstexten“ (Arabic: „Majma’ al-Tawarikh“) auf Persisch zu verfassen. Das Werk wurde 1425 in der Herat, der Hauptstadt Shah Rukhs, vollendet. Es enthielt einen Bericht über Buddhismus, der in Anlehnung an die einhundert Jahre frühere Arbeit Rashid-al-Dins gestaltet war.

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